Halbnatürliche Nachzucht

Die halbnatürliche Nachzucht dient der Produktion von Jungmuscheln zur Stützung der vom Aussterben bedrohten Muschelbestände. Da bei der halbnatürlichen Nachzucht die Jungmuscheln unter naturnahen Bedingungen aufgezogen werden, ist die Methode auch geeignet zusätzliche Erkenntnisse zur Ökologie der Jungmuscheln zu gewinnen. Die halbnatürliche Nachzucht lässt sich in Anlehnung an den Entwicklungszyklus der Muscheln in drei Phasen unterteilen:

  1. Glochidiengewinnung und Beimpfung der Wirtsfische

    Am Beginn des Nachzuchtzyklus steht die Gewinnung der Glochidien (=Muschellarven). Für diesen Schritt gibt es mehrere gängige Methoden. Am häufigsten wird eine in-situ Gewinnung durchgeführt. Hierbei werden durch regelmäßige Kontrollen der Altmuscheln die Trächtigkeit und der Reifegrad der Glochidien überprüft. Nach Abschluss des Reifungsprozesses werden die Glochidien vor Ort gewonnen und anschließend zum Ansatz eines Wannenbads genutzt, in dem die Wirtsfische beimpft werden. Alternativ kann eine ex-situ Gewinnung erfolgen, bei der trächtige Altmuscheln vorübergehend in die Zuchtanlagen versetzt werden und so eine direkte Beimpfung der Wirtsfische stattfindet.
  2. Jungmuschelgewinnung

    Nach Abschluss der Larvalentwicklung fallen die Jungmuscheln von den Wirtsfischen ab. In diesem Zeitraum werden die Fische in Rundstrombecken/Aquarien gehältert, deren Ablaufwasser durch Siebe geleitet wird. In diesen Sieben werden die Jungmuscheln aufgefangen.
  3. Aufzuchtphase

    Nach der Ernte werden die Jungmuscheln in die Aufzuchtgewässer überführt und dort in Lochplatten bzw. Kieskäfigen noch mehrere Jahre betreut. Dadurch wachsen die Jungmuscheln bereits im natürlichen Milieu auf und sind bei ihrer späteren Auswilderung bereits an das Zielgewässer adaptiert. Die regelmäßige Kontrolle und Reinigung der Aufzuchtbehälter ermöglicht das Aufwachsen der Jungmuscheln ohne dass ihre Entwicklung durch die Feinsedimenteinträge in die Gewässer beeinträchtigt wird. Die Exposition der Jungmuscheln direkt in den Zielgewässern ermöglicht eine Nutzung der halbnatürlichen Nachzucht für Bioindikationsexperimente. Neben einer optimalen Anpassung an die Zielgewässer wird im Nachzuchtprogramm großer Wert auf die Aufrechterhaltung der genetischen Vielfalt gelegt.

Fotos Aufzuchtphase

Jungmuscheln in einer Lochplatte kurz vor ihrer Umsetzung in Kieskäfige
Kieskäfig mit jungen Flussperlmuscheln
Reinigung von Kieskäfigen